Die Energiekosten treiben Menschen zunehmend Sorgenfalten auf die Stirn. Dabei lassen sich jedes Jahr Hunderte Euro sparen – wenn man nur bereit ist, regelmäßig den Versorger zu wechseln. Doch auch dabei gibt es einiges zu beachten.
Von Jörg Rieger
Seit mehr als 20 Jahren sind wir in Deutschland völlig frei, was die Wahl unseres Energieanbieters angeht – und haben, das ist meist die Folge eines offenen Marktes, eine große Auswahl. In Deutschland gibt es derzeit beispielsweise über 900 Stromanbieter. Dennoch ist der Energiemarkt nach wie vor stark reguliert – auch zu Lasten des Verbrauchers.
Gerade auf dem Strommarkt gibt es unzählige Steuern und Umlagen. Die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent ist Usus. Hinzu kommen die Aufschläge – jeweils bezogen auf die Kilowattstunde – nach dem Stromsteuergesetz, der Stromnetzentgeltverordnung, dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, dem Energiewirtschaftsgesetz und der Abschaltbare-Lasten-Verordnung.
Unveränderbare Abgaben
Alles zusammen summiert sich – wohlgemerkt ohne Mehrwertsteuer – auf rund 10 Cent pro Kilowattstunde. Dieser Betrag, der sich häufig ändert, fällt bei jedem Anbieter an und ist komplett für die öffentliche Hand bestimmt. Der Anteil an Abgaben, Umlagen und Steuern am Strompreis liegt aufgrund hoher Steigerungen in den letzten Jahren bereits bei knapp 55 Prozent. Nur der Rest in Höhe von circa 45 Prozent ist für Energieunternehmen in einem gewissen Rahmen beeinflussbar.
Zu den teuersten Angeboten zählt der Grundversorgungstarif des regionalen Stromanbieters. Umso bemerkenswerter ist es, dass nach Angaben der beaufsichtigenden Bundesnetzagentur ein gutes Viertel der Bevölkerung noch immer Strom in der Grundversorgung bezieht – und nach wie vor etwa zwei Drittel ihrem örtlichen Versorger treu geblieben sind. Dabei lassen sich je nach Verbrauch durch den Wechsel mehrere Hundert Euros einsparen. Die Stromanbieter bieten ihren Neukunden auf dem umkämpften Markt lukrative Wechselboni an. Sie werden entweder sofort oder meist zu einem späteren Zeitpunkt gutgeschrieben. Im zweiten Fall wird in der Regel vorausgesetzt, dass man zumindest zwölf Monate lang den Strom von diesem Versorger bezieht. Kündigen Sie vorzeitig – beispielsweise aufgrund einer Preiserhöhung –, so ist der Bonus weg. Von daher ist im Zweifel der Sofortbonus der bessere.
Vergleichsportale rechnen lassen
Der Wechsel ist denkbar einfach – auch dank der Vergleichsportale im Internet. Es sind in der Regel lediglich zwei Angaben notwendig: Ihre Postleitzahl und Ihre jährlich verbrauchte Strommenge (in Kilowattstunden), die sich anhand der letzten Stromrechnung recht genau prognostizieren lässt. Ansonsten gibt es hierfür Hilfestellungen wie die Zahl der Haushaltsmitglieder.
Sie können auch gezielt einzelne Webseiten der präferierten Stromanbieter ansteuern, sich dort ihre individuellen Jahreskosten berechnen lassen – und sie anschließend untereinander sowie mit dem Tarif beim bisherigen Anbieter vergleichen. So kommen Sie ohne Vergleichsportale aus, die nicht nur aufgrund der Provisionszahlungen manch eine Tücke mit sich bringen.
Im nächsten Schritt wählen Sie einen neuen Stromversorger aus – und geben dort ihre Wechselabsichten online oder per Telefon kund. Alles Weitere wie die Kündigung beim bisherigen Anbieter übernimmt in der Regel der neue Versorger. Natürlich ist es ratsam, nochmals einen genauen Blick auf die Angaben im geschlossenen Vertrag und in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu werfen. Schließlich haben Sie bei Online-Abschlüssen ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
Sobald der neue Anbieter von dem geplanten Wechsel erfährt (in der Regel durch den Erhalt der Kündigung), kann es passieren, dass er sich per E-Mail, Post oder Telefon bei Ihnen meldet und Sie nach Ihren Wechselabsichten befragt. Mitunter bietet er auch urplötzlich einen günstigeren Tarif oder etwaige Rabatte an, die er Ihnen bislang offensichtlich verschwiegen hat.
Nachfragen hilft
Wie dem auch sei: Lassen Sie sich in jedem Fall nicht unter Druck setzen, notieren Sie die Konditionen, Laufzeit, etc. des neuen Angebots und überlegen Sie es sich dann in aller Ruhe. Da man anlässlich des Wechsels meist einen sehr kostengünstigen Konkurrenten ausgewählt hat, kann der bisherige Energieversorger in der Regel nicht mithalten. Sofern ein Versorgerwechsel für Sie aus den unterschiedlichsten Gründen nicht in Frage kommt, sollten Sie bei Ihrem regionalen Anbieter nach einem – auf Ihren Verbrauch zugeschnittenen – günstigeren Tarif fragen. Bisweilen hilft da der Verweis auf jahrzehntelange Treue oder auch die Drohkulisse eines Anbieterwechsels.
Bei einem Wechsel sollten Sie diejenigen Anbieter schon im Vorhinein ausschließen, die eine Vorauszahlung verlangen – in der Regel tun sie dies für ein ganzes Jahr oder sogar einen noch längeren Zeitraum. Sofern der Versorger in dieser Zeit Pleite geht (was schon mehrmals passiert ist), ist die Vorauszahlung ab dem Zeitpunkt bis zum Ende der avisierten Laufzeit unter Umständen verloren. Daher ist es besser, mit einem monatlichen Abschlag die Rechnung zu begleichen, was seriöse Anbieter auch standardmäßig anbieten.
Auch vom Kauf etwaiger Strompakete sollten Sie als Privatverbraucher absehen: Wenn Sie weniger verbrauchen, verschenken Sie den nicht verwendeten Saft. Wenn Sie mehr als das Strompaket benötigen, wird es meist richtig teuer. Die renommierten Verbrauchsportale zeigen Tarife mit Vorauszahlung und Paketen meist standardmäßig nicht an.
Auf Laufzeit achten
Neben den Jahreskosten sind noch weitere Bedingungen des neuen Vertrages von Bedeutung. Dazu zählen etwa Vertragslaufzeiten, Kündigungsfristen und etwaige Preisgarantien. Viele Stromversorger legen sich fest, dass sie zumindest ein Jahr lang nicht an der Preisspirale drehen. Davon ausgenommen sind die erwähnten Entgelte, Steuern und Umlagen, also die Komponenten, die für den Anbieter nicht beeinflussbar sind.
Nach Ablauf dieser „Garantiezeit“ ist es möglich und auch nicht unwahrscheinlich, dass der Stromversorger den Arbeits- und/oder den Grundpreis des Tarifs anhebt. Sofern er es damit übertreibt, kann man natürlich erneut wechseln. Daher ist es auch wichtig, einen Vertrag mit einer möglichst kurzen Kündigungsfrist und Laufzeit zu wählen.
Davon abgesehen haben Sie bei einer Preiserhöhung generell ein Sonderkündigungsrecht; die Frist beträgt allerdings häufig nur zwei Wochen. Ein solches Recht gilt nach einschlägiger Rechtsprechung im Übrigen auch, wenn die Preissteigerung auf höheren Steuern und Umlagen beruht. Und Vorsicht: Preiserhöhungen müssen von den Versorgern zwar angekündigt werden, sind aber gerne geschickt in einem wohlklingenden Text versteckt.
Jeder Zweite heizt mit Gas
Ähnlich wie auf dem Strommarkt verhält es sich beim Gas. Während Strom nahezu jeder Haushalt in Deutschland bezieht, ist es beim Gas nur ein Teil. Schließlich gibt es in puncto Heizen mehrere Möglichkeiten: Neben Erd- und Flüssiggas ist das Heizen mit Öl, Fernwärme, Holz(pellets), Sonnenkraft, Strom und Erdwärme verbreitet. Der mit Abstand größte Teil der deutschen Bevölkerung, nämlich knapp 50 Prozent, heizt jedoch tatsächlich nach wie vor mit Gas. Immerhin jeder Vierte hat eine Ölheizung – Tendenz sinkend. Die erneuerbaren Energien folgen noch abgeschlagen, wobei hier das größte Potenzial schlummert.
Die Berechnung der Preise erfolgt beim Gas ähnlich wie beim Strom. Ein fixer Grundbetrag wird Ihnen monatlich für den Anschluss als solches in Rechnung gestellt. Er deckt unter anderem die Kosten für die Netznutzung, den Betrieb Ihres Zählers sowie die jährliche Ablesung durch dessen Betreiber ab. Der Arbeitspreis (alternative Bezeichnung: Verbrauchspreis) beinhaltet die Kosten für eine Kilowattstunde Gas. Darin schlagen sämtliche Abgaben, Steuern und Umlagen, aber auch Kosten für die interne Verwaltung sowie die Energiebeschaffung des Gasanbieters zu Buche.
Knapp 51 Prozent des aktuellen Gaspreises umfassen Steuern, Netzentgelte und etwaige Gebühren für die technisch notwendigen Messeinrichtungen. 2021 kam auch noch eine CO2-Steuer hinzu. Diese Komponenten können weder Sie noch Ihr Gasversorger beeinflussen. Anders die zweite Hälfte des Preises: Darin sind die Kosten für den Gaseinkauf und Vertrieb, aber auch die Gewinnmarge des Energieanbieters enthalten. Tendenziell liegt der Gas-Grundpreis höher als das Pendant beim Strom – und der Arbeitspreis ist deutlich geringer. Dafür ist der Kilowattstunden-Verbrauch in der Regel größer.
Jährliche Ersparnis
Summa summarum winkt Ihnen bei einem Strom- und/oder Gasbezugswechsel eine satte Jahresersparnis, die mit dem tatsächlichen Verbrauch sukzessive ansteigen sollte. Den Bonus setzen wir mit jeweils 25 Euro – zusammen genommen also 50 Euro – recht gering an, da er bei einem Wechsel nur einmalig ausbezahlt wird und hohe Boni wie erwähnt andere Nachteile mit sich bringen. Von den geringeren Strom- beziehungsweise Heizkosten profitieren Sie hingegen jedes Jahr.
Beim Strom wird für einen Ein-Personen-Haushalt auf den einschlägigen Vergleichsportalen ein durchschnittlicher Verbrauch in Höhe von 2.000 kWh/Jahr angenommen, bei vier Personen sind es schon 5.000 kWh/Jahr. Die Mitte liegt bei 3.500 kWh/Jahr. Bemüht man für diesen Wert einen Vergleichsrechner, so kommt man schnell auf eine jährliche Ersparnis in Höhe von 200 bis 250 Euro.
Die beheizte Wohnfläche liegt in Deutschland durchschnittlich bei circa 100 Quadratmetern. Hierfür veranschlagen die Portale einen jährlichen, mittleren Verbrauch in Höhe von 12.000 Kilowattstunden. Bei diesem Wert kommt man bei einem Erstwechsel problemlos auf eine Ersparnis von 250 Euro. Alle Werte zusammen ergeben eine Ersparnis von über 500 Euro im Jahr – ein stattlicher Betrag.
Weniger heizen
Übrigens: Stellt man die Heizung um nur einen Grad Celsius herunter, spart man circa sechs Prozent an Heizkosten ein. Und auf das Klima wirkt sich dieser Schritt auch noch positiv aus. Nach Angaben des Bundesumweltamts produziert jeder Bürger in Deutschland rund 1,6 Tonnen CO2 pro Jahr allein für das Heizen.
Jörg Rieger ist Diplom-Volkswirt, Redenschreiber und Ghostwriter. Der verheiratete Vater von zwei Kindern arbeitet zudem als freier Journalist, unter anderem für die Main-Post. Er hat das Buch „Der Pfennigfuchser in der Eurowelt. Wie Sie Geld sparen und Gutes tun können“ (Verlag C.H. Beck) veröffentlicht. Rieger ist ehrenamtlicher Mitarbeiter einer katholischen Kirchengemeinde und Mitglied bei faktor c.