Dem Untergang geweiht

08.04.2022

„Ich vermute, dass es den Homo sapiens in einigen Tausend Jahren noch geben wird. Aber was diejenigen von uns angeht, die in den westlichen, weißen, reichen Ländern leben: Dieser derzeitige Lebensstandard wird nicht mehr sehr lange fortbestehen. Er ist also dem Untergang geweiht.“ Das sagt, ganz aktuell, nicht irgendjemand, sondern der US-Ökonom Dennis L. Meadows. Er war es, um den herum der „Club of Rome“ 1972 den Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ mit einer rechnergestützten Analyse vorlegte. Seine Botschaft also: Der westliche, weiße, reiche derzeitige Lebensstandard ist dem Untergang geweiht.

„Das ist starker Tobak“, sagen die einen. Wie kann man mit solchem Nachdruck und solcher Überzeugung eine hypothetische Aussage machen? Ein bisschen mehr Vorsicht im Blick auf das umstrittene Thema „Klima“ wäre sicher angebracht. „Und hat der Club of Rome nicht schon 1972 falsch gelegen?“, schieben sie nach. „Haben wir uns in Zeiten eines Krieges in Europa nicht mit Wichtigerem zu beschäftigen“, spielen die anderen diese Ansage herunter.

Ein Blick in die Kulturgeschichte zeigt, dass Gesellschaften im Wind der Veränderung entweder dem Untergang geweiht waren (wie z. B. die Inkas) oder sie sich transformiert haben (wie z. B. die Ägypter). Die gegenwärtigen Herausforderungen sind global und größer: „Die Erde erhitzt sich. Artenvielfalt und Süßwasserreserven schrumpfen. Wüsten breiten sich aus. Plastik findet sich in entlegensten Regionen. Die industrielle Landwirtschaft verseucht Böden mit Nitrat und Pestiziden. Die Amazonaslunge wird verhackstückt.“, fasst Stefan Stosch in „Wer spricht noch vom Klima“ aktuell zusammen.  Anlässe zum Innehalten gibt es also allemal. Was spricht dagegen, den eigenen, westlichen Lebensstil und -standard in Frage zu stellen, besonders als Christen Maßstäbe zur Neubewertung und Nachjustierung anzulegen und sich mutig und nachhaltig einzubringen?

Christinnen und Christen sind Bürger einer ewigen, beständigen Welt, dem Reich Gottes. Als solche können und müssen sie als Avantgarde für Nachhaltigkeit und Anpassungsfähigkeit, für Mut und Hoffnung in eine zerbrechliche Welt einbringen. Wenn auch der derzeitige Lebensstandard dem Untergang geweiht ist, kann gleichzeitig etwas Neues wachsen.

Im biblischen Propheten Jesaja wird eine göttliche Zusage für eine historisch bedingte Situation, den Weg aus der Gefangenschaft des Volkes Israel, festgehalten: „Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“ (Jesaja 43, 19). Das klingt nicht nur wie eine Ermutigung, dass nach dem jetzigen Lebensstandard, der dem Untergang geweiht ist, etwas Neues wachsen kann. Es ist eine Ermutigung!

Michael vom Ende, Geschäftsführer von
faktor c, einer Initiative von Christen in der Wirtschaft