Wenn dem Wahlwerbeplakat-Gesicht ein Zahn wegretuschiert worden ist. Wenn das Gehalt nicht kommt. Wenn der vertraute Mensch nicht wiederkommt, weil er verstorben oder verzogen ist oder sich abgewandt hat. Wenn der letzte Bäcker im Dorf zumacht. Ja, dann fehlt etwas. 

Wenn der Zahn und mit ihm die Schmerzen beseitigt ist. Wenn das gute Gehalt pünktlich auf dem Konto ist. Wenn alle engsten Vertrauten zu einem Treffen zusammenkommen. Wenn die neue Shopping Mall keine Wünsche offenlässt. Ja, dann fehlt nichts. 

Fehlt hier etwas? 

Schauen Sie sich einen Moment das Titelfoto zu diesem Text an. Ein moderner Co-Working Space – in einer ehemaligen Kirche. Fehlt hier etwas? Licht, WLAN, moderne Arbeitsplätze, ein inspirierender Rahmen, da fehlt doch nichts. Auch wenn man den Nutzern dieser Arbeitsplätze ein schlechtes Gewissen machen wollte, dass sie in einer ehemaligen Kirche vollständig säkularen Dingen nachgehen – es wäre ein untauglicher Versuch; die meisten könnten mit dem Konzept eines „heiligen Ortes“ nichts anfangen. 

 Wenn nichts fehlt 

So beginnt der Titel des neuesten Buchs von Jan Loffeld, katholischer Theologieprofessor, aktuell in Utrecht, Niederlande. Der ganze Titel: „Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt. Das Christentum vor der religiösen Indifferenz.“ Darin heißt es: „Die großen, etwa durch Immanuel Kant an der Wiege der philosophischen Neuzeit formulierten Fragen, die jeden unbedingt angehen sollen, scheinen innerhalb einer existentiellen Indifferenz keine wirklich tragende Rolle mehr zu spielen: ‚Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?‘ Immer mehr Menschen kommen gut durchs Leben, nicht nur ohne für sie passende Antwort darauf gefunden zu haben, sie stellen diese Fragen noch nicht einmal, und es fehlt ihnen nichts.“  

 „Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt“ – wie können Christen in der Wirtschaft relevant sein? 

„Überall hat Gott seine Leute“ (Manfred Siebald) – auch in der Wirtschaft. Sie sind überzeugt, dass Menschen Gott brauchen – auch in der Wirtschaft. Aber: Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt – wie können sie dann relevant sein – auch in der Wirtschaft? Dazu vier Hinweise für Christinnen und Christen: 

  1. Akzeptiere, dass anderen nichts fehlt in Bezug auf Gott. Das fällt schwerer, als es auf den ersten Blick aussieht! 
  1. Sei weniger „Kirche“ (Organisation), dafür mehr „Zeuge“ (Mensch). Die direkteste Verbindung ist die von Mensch zu Mensch. Nimm dir Zeit für ihn, höre ihm zu! 
  1. Halte für dich fest, was Gott dir bedeutet. Gib dir Rechenschaft, wer er für dich ist, was er für dich tut, und warum es gut ist, ihn als Herrn, Retter und Freund zu haben. 
  1. Erzähl unbekümmert anderen deine Geschichte mit Gott. Ohne Worte – und wenn es sein muss, auch mit ihnen. Mache es konkret.  

Vor einigen tausend Jahren schrieb einmal jemand im Auftrag von Gott ein bemerkenswertes Versprechen an eine Gruppe von Menschen, die in einer existenziellen Herausforderung in ihrem Leben waren. Es war der Prophet Jeremia, der an die verschleppten Juden im fremden Land ein „Wort von Gott“ für sie hatte: „Fragt ihr mit eurem ganzen Herzen nach mir, so werde ich mich von euch finden lassen“ (Jeremia 29, 13 – 14) Falls Christen die vier Hinweise oben beherzigen, und falls ein Mensch merkt, dass ihm in den Herausforderungen des Lebens und des Wirtschaftens Gott fehlt – spätestens dann ist Gott für ihn da. Dabei können Christinnen und Christinnen – wie der Prophet Jeremia – Verbindungsleute zwischen Menschen und Gott sein!  

 

Michael vom Ende, im Mai 2025 

Geschäftsführer von faktor c, einer Initiative von Christen in der Wirtschaft