In der persönlichen Berufung leben (Jim Mathis)

27.03.2023

Wenn Menschen etwas gerne tun, sagen sie manchmal: „Dazu bin ich berufen.“ Doch was ist diese mysteriöse Sache eigentlich, die wir als „Berufung“ bezeichnen? Meiner Erfahrung nach ist es die Schnittstelle unserer Interessen, Begabungen und Möglichkeiten.

Die Begriffe Begabung und Talent werden oft synonym verwendet. Ein Lehrer von mir sagte einmal etwas, das ich nicht vergessen habe: „Talent ist ein Wort, das von Leuten benutzt wird, die sich nicht anstrengen wollen, um diejenigen zu beschreiben, die sich anstrengen.“ Das ist vielleicht nicht ganz richtig, aber es lohnt sich, darüber nachzudenken.

Begabung oder Talent könnte als „turbogeladenes Interesse“ bezeichnet werden. Wenn jemand so interessiert an etwas ist, dass er mehr Zeit und Mühen investiert, um es zu studieren, zu üben und zu erlernen als eine andere Person. Dann sagen wir häufig, jemand sei begabt, weil es der Person leicht von der Hand zu gehen scheint!

Vielleicht ist Talent ja auch weniger etwas Angeborenes als vielmehr die Fähigkeit und das Bestreben, zu lernen? Wenn wir beispielsweise viel Zeit und Mühe darauf aufwenden, ein Instrument zu erlernen, könnte jemand uns als „talentiert“ bezeichnen. Wenn wir sagen, dass jemand talentiert ist, sagen wir in Wirklichkeit, dass er oder sie mehr Zeit und Energie in etwas gesteckt hat als die meisten von uns bereit wären zu investieren.

Wenn wir etwas so sehr lieben, dass wir viel Lebenszeit aufwenden, es zu erlernen, zu tun und darin besser zu werden, wenn wir die Gelegenheit haben, diese Fähigkeiten zu nutzen, dann können wir sagen, dass wir dazu  berufen sind. Und wenn wir unsere Berufung zum Beruf machen, dann macht uns unsere Arbeit definitiv Freude. Die Zeit vergeht schnell und wir wollen gar nicht mehr aufhören. Wir fühlen uns dann so, als wären wir dazu geboren.

Arbeit außerhalb unserer Berufung wird dagegen leicht zur Plage. Wir empfinden sie zunehmend als schwierig und erbringen kaum Leistung. Wie viele Menschen haben wohl das Gefühl, das zu tun, wozu sie berufen sind? Wahrscheinlich nicht viele, wenn man bedenkt, wie viele Menschen ihren Job nicht mögen. Es wäre schade, nie zu erleben, das zu tun, wozu man auf dieser Welt ist.

Als ich jung war, dachte ich, Talent hätte man eben oder auch nicht. Wenn ich etwas ausprobierte, das mir schwerfiel, und ich keinen sofortigen Erfolg hatte, nahm ich an, in dem Bereich nicht begabt zu sein. Doch mit der Zeit lernte ich, dass ich diese Fähigkeiten entwickeln konnte, wenn ich mir mehr Mühe gab, etwas darüber lernte oder von einem Mentor angewiesen wurde.

Gleichzeitig wissen wir aus der Bibel, dass Gott jeden und jede von uns für bestimmte Dienste beruft und ausrüstet. In Psalm 139,14 heißt es, wir seien „wunderbar und einzigartig gemacht“, und ich denke, das schließt unsere besonderen Interessen und Fähigkeiten mit ein.

In seiner Beschreibung der Kirche beziehungsweise des „Leib von Christus“, wie die Bibel sie nennt, schreibt Apostel Paulus: „Unser Körper besteht aus vielen Teilen, die ganz unterschiedliche Aufgaben haben. Ebenso ist es mit uns Christen. Gemeinsam bilden wir alle den Leib von Christus, und jeder Einzelne ist auf die anderen angewiesen. Gott hat jedem von uns unterschiedliche Gaben geschenkt…“ (Römer 12,4- 8). Um am besten zu funktionieren, sollten wir alle unsere Gaben beitragen, unsere Berufung erfüllen!

Unsere Begabung oder Berufung ist das turbogeladene Interesse, das uns motiviert, die notwendige Zeit zu investieren, uns die besten Lehrer zu suchen und die Talente zu entwickeln, die uns Freude machen und unser Leben erfüllen.

 

© 2023. Jim Mathis ist Autor, Fotograf und Kleinunternehmer in Overland Park, Kansas.
Übersetzung: Susanne Nebeling-Ludwar, Tübingen: S.Ludwar@gmx.de
Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für Alle entnommen, wenn nicht anders angegeben.