Ethisches Investment – eine christliche Idee. Beim Umgang mit Geld schlägt in den Kirchen schon lange das Gewissen
Das Investieren von Geld im großen Stil hat erst der Kapitalismus möglich gemacht. Christen waren es dann, die auf ein ethisch verantwortliches Investment gepocht haben. Bei der Spurensuche nach der Geschichte des guten Anlegens stößt man auf den englischen Pfarrer John Wesley (1703 – 1791). In seiner legendären Predigt „Über den Gebrauch des Geldes“ legt er dar, dass Geld nicht an sich das Problem ist, sondern wie wir es benutzen.Wesley verurteilt etwa Rendite durch Firmen mit Arbeitsplätzen, die die Gesundheit der Mitarbeiter ruinieren. Und er warnt vor falschen Geschäftsbeteiligungen. „Wir dürfen uns auf keinerlei sündigen Handel einlassen oder ihn fortsetzen, wenn er dem Gesetz Gottes oder unseres Landes entgegensteht.“ Dazu zählte er das Geschäft mit Alkohol, aber auch den Betrieb bestimmter Gastoder Schauspielhäuser, in denen aus seiner Sicht die „Anstiftung zur Unkeuschheit oder Unmäßigkeit“ zum Businessplan gehört.
Die christliche und pazifistische Gemeinschaft der Quäker machte sich ebenfalls im 18. Jahrhundert ein großes Gewissen aus dem, was ihr Geld anrichtet. Sie lehnten die Sklaverei ebenso ab wie Schusswaffen, was sie allerdings in Nordamerika in erhebliche Konflikte brachte, weil sie mit ihren Steuern ja auch Kriege mitfinanzierten. Gegen diese Steuern leisteten die Quäker teilweise Widerstand.
Ethische Boykottaufrufe?
Im 20. Jahrhundert bekam das Thema einen neuen Schub durch den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika. Aufrufe zum Boykott südafrikanischer Produkte fanden insbesondere in kirchlichen Kreisen starken Widerhall. Nun traten auch Geldinstitute in den Markt ein, zu deren Fundamenten der Einsatz gegen Rüstung, Rassismus und Umweltzerstörung, etwa durch Atomkraft, zählt.
In Deutschland gilt die GLS Gemeinschaftsbank als Pionier auf diesem Gebiet. Die angelegten Kriterien für ethische Anlagen sind weder einheitlich noch unumstritten. So setzt sich die DBS-Bewegung auf wirtschaftlicher Ebene für Sanktionen, Boykotte und den Rückzug von Investitionen aus den von Israel besetzten Palästinensergebieten ein. Kritiker nennen die Kampagne antisemitisch, sie erinnere an den nationalsozialistischen Aufruf „Kauft nicht bei Juden“.
Ethisch anlegen mit ESG
In den Wirtschaftswissenschaften versteht man ethisches Investment als einen Zusatzfaktor bei der Vermögensanlage. Den drei klassischen Kriterien Rendite, Sicherheit und Verfügbarkeit (Liquidität) wird nun noch die Nachhaltigkeit hinzugefügt. Diese Nachhaltigkeit wiederum wirkt in drei Bereichen im sogenannten ESG-Ansatz: Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). In der Praxis bedeutet das beispielsweise, CO2-intensive Unternehmen ebenso zu meiden wie Firmen, die Arbeitnehmerrechte unterdrücken.
Wie heikel die Anwendung solcher Kriterien werden kann, zeigt das Beispiel der USA. Für einige ethische Investoren gehört es dazu, nicht in Ländern zu investieren, die die Todesstrafe praktizieren. Damit fällt China weg, das die meisten Todesurteile weltweit vollstreckt – aber eben auch die Vereinigten Staaten von Amerika, wo einige Bundesstaaten weiterhin hinrichten. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat einen eigenen Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlagen erarbeitet, der im Internet kostenfrei erhältlich ist.
Marcus Mockler
faktor c Ausgabe 3/2020