Die einen stimmen wortgewaltig zu und orakeln, wen und welche Lebensweise Gott offensichtlich strafen möchte, die anderen halten allein diesen Gedanken für „vollkommen unchristlich“.

Warum kommen wir eigentlich angesichts der Coronakrise darauf, diese Frage zu stellen? Täglich(!) sterben tausende Kinder an Hunger und Mangelernährung, ebenso viele Menschen, insbesondere in der sogenannten Dritten Welt, werden durch tödliche Krankheiten aller Art dahingerafft – nur geschieht das alles nicht in unseren Breitengraden. Wer oder was soll denn dadurch gestraft werden? Jemand hat mal gesagt: Wir nehmen die Weltbrände nicht zur Kenntnis, bevor nicht unser eigenes Fleisch anfängt zu kohlen. Jetzt, wo es uns betreffen könnte, suchen wir Schuldige, natürlich sind es immer „die anderen“.

Aber mal ehrlich, wer im Alten Testament auf die Suche geht, der findet dieses Konzept durchaus: Gott straft – die Ägypter zum Beispiel durch Plagen, Naturkatastrophen und Krankheiten. An manch anderen Stellen werden ähnliche Zusammenhänge geschildert. Das Alte Testament kennt diesen Tun-Ergehen-Zusammenhang von falschem Handeln und folgender Strafe.

Angesichts dessen die biblische Sicht im Zeitraffer: Die Menschen, „wir“, mussten das Paradies verlassen, die Bibel nennt das den Sündenfall. Theologisch gesprochen: Sünde zieht Konsequenzen nach sich. In die Welt ist Unheil eingezogen. Wer die Augen aufmacht, sieht es an so vielen Stellen.

Einen Schritt auf dem Weg zum Neuen Testament geht das Hiobbuch: Hiob erfährt, als Rechtschaffener, unermessliches Leid. Er bekommt letztlich keine echte Antwort auf die Warum-Frage, lernt aber mitten im Leid auf seinen Erlöser (Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!) zu vertrauen.

Durch Jesus geschieht schließlich entscheidend Neues. Er distanziert sich von diesem uralten Schuldverschiebespiel angesichts eines Unglücks in Jerusalem (Lukas 13,4-5). Oder meint ihr, dass die achtzehn, auf die der Turm in Siloah fiel und erschlug sie, schuldiger gewesen sind als alle anderen Menschen, die in Jerusalem wohnen? Vielmehr macht er seinen Zuhörern klar, dass sie in keiner anderen Lage vor Gott sind, als die, die ums Leben gekommen sind: Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen.
Die Schuld der Menschen ist ein Riesenproblem, aber durch Jesus wird alles anders: Jesus kommt, in eine unheilvolle Welt, um den Menschen zurückzuführen ins Heil, in eine vertrauensvolle, liebende Beziehung zu Gott. Wie geschieht das? Jesus nimmt alles Böse, alles Unheil, ja selbst den Tod auf sich. Der Weg zum Heil der Menschen kostet ihn das Leben. Straft der Vater seinen Sohn? Nein, der Vater leidet mit. Der Sohn, der Sündlose, erleidet die Konsequenzen einer unheil-vollen Welt, die „der Mensch“ insgesamt verursacht hat. Jesus macht den Unterschied: Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. (Jesaja 53,5)

Aber will Gott angesichts Corona mit seinen Menschen reden? Ja, da bin ich sicher. C.S. Lewis hat es so auf den Punkt gebracht: „Gott flüstert in unseren Freuden, … in unseren Schmerzen aber ruft er laut. Sie sind sein Megaphon, eine taube Welt aufzuwecken.“ Die große Verunsicherung, die dieses kleine Virus auslöst, kann doch ein Hinweis Gottes sein, dass nicht wir in dieser Welt alles unter Kontrolle haben. Könnten diese Tage nicht eine globale Einladung Gottes sein, menschliches Leben überall auf dieser Welt auf das Fundament zu gründen, das schon gelegt ist – und das ist Jesus Christus. (nach 1.Kor 3,11)?

 

Ekkehart Vetter, Vorsitzender der Evangelischen Allianz Deutschland (EAD)