Wer alles im Griff haben muss, bekommt es schnell mit der Angst zu tun. Wahre Ruhe finden wir allerdings nur, wenn wir einen festen Punkt außerhalb von uns selbst haben. Das meint zumindest Cornelia Schmid, Resilienzcoach und Theologin, Persönlichkeitsentwicklerin und Rednerin. Folgender Beitrag ist ein Abdruck aus ihrem neuen Buch „Dein Land der Ruhe“.

 

Von Cornelia Schmid

 

Menschen mit einem hohen Sicherheitsstandard erleben globale Krisen, wie wir sie seit 2020 erleben, als beispiellose Unsicherheit und Erschütterung für ihr eigenes Leben. Nichts ist mehr sicher. Das macht Angst und lähmt. Gefühle werden erst einmal hintangestellt. Erst muss das Leben wieder sicher werden.

Das ist allerdings Wunschdenken. Die Krisen werden zunehmen, das prognostizieren nicht nur Wissenschaftler und geopolitische Experten, das sagt uns auch die Bibel. Die gute Nachricht ist: Die Erschütterungen dieser Welt sind wertvolle Wegweiser. Zunächst in meine Seele hinein und meine unterbewussten Gedanken und Gefühle. Zeiten der Unsicherheit sind wie ein Flug in Turbulenzen.

Gewinnertypen haben oft kein Problem mit Turbulenzen. Sie suchen den richtigen Schalter, um schneller durch die Turbulenz zu kommen und hinterher mit Hochgeschwindigkeit alles aufzuholen, was in der Turbulenz nicht möglich war. Sicherheitsmenschen dagegen macht die Turbulenz Angst. Um im Bild des Fluges zu bleiben, suchen sie nach Antworten und Hintergründen. Sie wollen verstehen, warum es dazu kommen konnte. Und wenn die Entstehung der Turbulenz keinen Sinn macht, wird nach »Verschwörungstheorien« gesucht. Das gibt, zumindest eine Zeit lang, wieder Sicherheit. Löst aber nicht das grundsätzliche Problem und die Angst vor Unsicherheit.

 

Gefahr des Schwarz-Weiß-Denkens

 

Menschen, denen Sicherheit über alles geht, haben oft schon in der Kindheit gelernt, dass das Leben nach bestimmten Regeln, Gesetzen und Maßstäben gut funktioniert. Oft erlebe ich, dass Sicherheitstypen mit Ängsten zu kämpfen haben. Diesen Ängsten liegt häufig ein Schwarz-Weiß-Denken zugrunde. Wenn A nicht funktioniert, dann kann ich nur B nehmen. Um dem Leben und der Seele wieder mehr Lockerheit zurückzugeben, kann es helfen, sich immer wieder daran zu erinnern: »Es kann auch alles ganz anders sein«, und: »Nimm dich selbst nicht so wichtig!«

Es ist faszinierend, wie oft Jesus in den Evangelien in stürmischen und herausfordernden Zeiten nur einen Rat an seine Schüler hat: Fürchtet euch nicht! – Erschreckt nicht! Die Welt will uns verkaufen, dass wir nur die richtigen Knöpfe drücken müssen, und der Klimawandel ist Geschichte. Dass globaler Frieden möglich ist, wenn wir nur alle ein wenig netter und menschlicher miteinander umgehen. Dahinter steckt die tiefe Sehnsucht nach Sicherheit, die in uns allen mehr oder weniger schlummert. Diese Sehnsucht ist zutiefst verständlich, gerade in Zeiten, in denen Kriege nur noch zwei Flugstunden von Deutschland entfernt sind.

„Euer Herz erschrecke nicht. Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ (Johannes 14,1) Diesen Hinweis gibt Jesus seinen Schülern am Ende seines Lebens mit. In den kommenden Tagen wird ihre Welt in Trümmern liegen. Sie werden sehen, wie ihr Meister grausam gefoltert und brutal hingerichtet wird. Alle Sehnsucht, dass Jesus doch noch sein Reich aufbauen wird, wird zerschmettert und zerstört. Alle Sicherheit schwindet dahin.

 

Wenn wir „geschüttelt“ werden

 

Im griechischen Grundtext steht hier für »erschrecken« das Wort tarasso, was so viel bedeutet wie »hin- und hergeschüttelt werden«, »emotional aufregen«, »bewegen, was eigentlich ruhig sein soll«, »innerlich aufgewühlt und deshalb völlig ratlos sein«. Was Jesus seinen Jüngern hier mitgibt, ist ein wichtiger Rat an alle Menschen, die auch heute auf Sicherheit setzen und panisch und perfektionistisch versuchen, das erschütterte Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Wahren Frieden und echte Ruhe gibt es nur auf dem unerschütterlichen Felsen – Jesus Christus. Wer darauf steht, kann Unsicherheiten aushalten, weil er »ein unerschütterliches Reich empfangen« hat (Hebräer 12,28)!

 

Fragen und Impulse zur Refexion

 

  • Auf einer Skala von 1 bis 10, wie hoch sind deine Ansprüche an dich selbst? Wirst du deinen Ansprüchen gerecht? Werden andere Menschen deinen Ansprüchen gerecht?
  • Was stresst dich in unruhigen und unsicheren Zeiten am meisten?
  • Wann kannst du loslassen?

 

 

Stressige Zeiten in dieser Welt sind das neue Normal. Für jeden von uns. Mein Mann Stefan erzählt dir von einer Situation, die er vor einigen Jahren erlebt hat und in der er nichts mehr im Griff hatte:

Ich hatte mich auf eine neue Stelle beworben und die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch in Berlin erhalten. Um 5  Uhr klingelte der Wecker. Mein Arbeitspensum an diesem Tag war hoch. Ich kürzte meine Mittagspause, um pünktlich Feierabend machen zu können. Gegen 15.30  Uhr kam ich endlich los. 700 Kilometer später sollte am nächsten Tag mein Bewerbungsgespräch stattfinden.

Die ersten Stunden meiner Reise vergingen wie im Flug. Mein Adrenalinspiegel aufgrund des bevorstehenden Vorstellungsgespräches war hoch genug, um nicht müde zu werden. Mein Navi zeigte als Ankunftszeit 22:15  Uhr an, also alles im grünen Bereich.Doch ab Bitterfeld wurde die Reise mühsam. Inzwischen war es dunkel geworden. Ab Dessau hätte ich nur noch eine Stunde Fahrzeit bis Berlin gehabt. Doch dann ging gar nichts mehr – Vollsperrung!

Äußerlich war ich völlig in der RUHE angekommen. Ich konnte sogar den Motor abstellen, und das mitten auf der Autobahn. Doch innerlich wurde ich immer unruhiger. Meine müden Augen starrten unentwegt auf das Navi. Zwischenzeitlich lag die Ankunftszeit weit nach Mitternacht. Und es ging keinen Millimeter mehr voran. Man kann offensichtlich äußerlich komplett in der Ruhe angekommen, ruhiggestellt sein oder sich auch selbst Ruhezeiten verordnen, doch innerlich »steppt der Bär«. Der Blutdruck steigt, der Stresspegel nimmt kontinuierlich zu und das Kopfkino rast in atemberaubendem Tempo: »Wie soll ich morgen gut und über-zeugend performen?« – »Wenn es nur ein zweistündiges Vorstellungsgespräch wäre, doch das Unternehmen hat für mich alleine ein ganztägiges Assessment-Center eingeplant.«

Schlussendlich kam ich um 3  Uhr nachts im Hotel an. Völlig übermüdet fiel ich ins Bett. Mein Wecker sollte um 6  Uhr klingeln.Ich nahm mir an diesem Morgen trotzdem Zeit, um den vor mir liegenden Tag mit Gott zu besprechen. Nach nur drei Stunden Schlaf gab es nichts mehr, was ich im Griff hatte.Am Morgen sagte ich zu Gott: »Ich lasse los und vertraue dir!«Ich durchlief das Assessment-Center, erhielt eine Aufgabe und Frage nach der anderen, erstellte eine Präsentation, die ich der Geschäftsführung präsentierte. Gott schenkte mir dafür einen absolut übernatürlichen Flow.

An diesem Tag habe ich Folgendes für mein Leben und meinen Glauben gelernt: »Lass los und vertraue!« – Ich bin ein Typ, der gerne selbst am Steuerrad bleibt. Der die Geschwindigkeit gerne selbst festlegt. Der die Richtung gerne selbst bestimmt. Doch nach dieser Nacht musste ich alles aus der Hand geben. Nicht meine Fitness, meine Skills, meine Ressourcen, meine Performance waren entscheidend, sondern Gottes gnädiges Handeln. Am Ende des Assessment-Centers, noch am selben Tag, erhielt ich die Zusage.Unzählige Male habe ich seitdem erlebt, wie sich Gottes Zusage erfüllt: »Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat« (Hebräer 10,35)

Stefan Schmid, CEO Schmid Coaching, Trainer und Theologe

 

Gefühle kommen und gehen

 

Unsichere Zeiten und Situationen können wir nicht einfach wegbeten. Sie sind Teil eines Lebens in dieser Welt. Nimm in solchen Situationen dein Seelenleben mit allen verworrenen Gefühlen und Emotionen und bring es zu Jesus. Erinnere dich daran, du bist nicht deine Gefühle. Unsicherheit, Angst, Furcht und Ohnmacht finden in deiner Seele statt. Dein Geist aber ruht in Christus. Mache dir das bewusst.Gefühle kommen und gehen. Es könnte sein, dass deine Welt morgen schon wieder heller aussieht.

Und auch wenn sich das jetzt banal anhört, wenn dein Seelenleben oft Achterbahn fährt, dann steige aus dieser Bahn aus, indem du deinen Gefühlen weniger Beachtung schenkst und dich dafür mehr Jesus zuwendest, mit ihm redest, sein Wort liest. Anstatt dich auf deine eigene Ohnmacht zu fokussieren, konzentriere dich auf Jesus. Er trug deine Ohnmacht am Kreuz. „Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“ (Philipper 2,8) Solche Bibelstellen können dir helfen zu verstehen, dass Jesus deine Ohnmacht getragen hat. Im Tausch für deine Ruhe und Frieden.

 

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Internet: www.schmid-coaching.de

 

Buchhinweis:

 

Cornelia Schmid: Dein Land der Ruhe. Wie wir inneren Frieden als unser Erbe in Christus entdecken. 240 Seiten, 20 Euro. SCM Hänssler (Holzgerlingen) 2025.