Frank Lehmann ist Geschäftsführer bei der Ensinger Mineral-Heilquellen GmbH. Von seinen Eltern hat er drei Maximen fürs Leben mitbekommen, die ihn bis heute prägen: Beten, Feiern, Arbeiten. Was das im Business-Alltag bedeutet, erläutert er in diesem Beitrag.
Von Frank Lehmann
Zwanzig Personen in einem Wohnzimmer, in der Mitte ein Taperziertisch, Sektgläser, Häppchen. Mittendrin stehe ich – müde und gleichzeitig überglücklich. Die letzten Wochen sind anstrengend gewesen. Der berufliche Einstieg nach meinem Studium liegt wenige Monate hinter mir – eine neue hoffnungsvolle Zeit vor mir. Dazwischen eine Umbauphase für zwei Eigentumswohnungen, die in meinem Heimatort zum Verkauf gestanden haben. Mein Vater hatte mich darauf aufmerksam gemacht und bei der örtlichen Sparkasse eine Finanzierung organisiert – ohne, dass ich oder meine Eltern einen Euro Eigenkapital hätten beisteuern konnte. Möglich war das, weil wir als Familie für die gut funktionierende „Muskelhypothek“ bekannt waren. Bereits zuvor hatten wir einige Projekte erfolgreich umgesetzt. Jetzt bin also ich mit einer eigenen Immobilie an der Reihe.
Wochenlang habe ich zusammen mit meinen Eltern und der gelegentlichen Unterstützung von Freunden eine Grundsanierung durchgeführt und wie bei uns üblich wieder einmal den Zeitplan zu eng gesetzt. Das führte dazu, dass mein Vater mit mir die letzten beiden Wochen von früh morgens bis nach Mitternacht auf Knien durch die Wohnung rutschte, um die Böden einzubauen und notwendige Restarbeiten abzuschließen. Schließlich sollte für den Einzug der Mieter alles rechtzeitig fertig sein.
Unterstützt wurden wir von meiner Mutter, die sich um die Materialbeschaffung kümmerte und uns mit leckerem Essen kräftemäßig über Wasser hielt.
Opulent Feiern
Und jetzt ist der Moment gekommen, unseren Erfolg zu feiern. Das gehört für uns dazu. Wenn ich an meine Kindheit denke, dann kommen mir viele Höhen und Tiefen in den Sinn. Dinge, die sehr gut waren und Dinge, die ich in meiner Familie heute komplett anders handhabe. Eines hat sich aber wie ein roter Faden durchgezogen: ein ausgewogener Dreiklang aus harter Arbeit, ernsthaftem Gebet und opulentem Feiern!
Opulent bedeutet gemäß Duden „sehr reichlich und von vorzüglicher Qualität“. Genau das war es, was meiner Mutter beim Feiern wichtig war. Wer zu uns ins Haus kam, wurde in der Regel verwöhnt, egal ob spontan oder von langer Hand geplant. Viele gute Kontakte sind dadurch entstanden, und auch bekannte Persönlichkeiten kamen immer wieder gerne zu uns – und sie ließen einen Segen da, der mein Leben bis heute bereichert.
Wenn ich zurückdenke an meine Studienzeit, dann gab es ein bestimmendes Lebensgefühl, das mich seit meiner Kindheit prägt. Es war der Wunsch nach beruflichem Erfolg und finanzieller Freiheit. Bei meinen Eltern sah ich tagtäglich, wie hart sie arbeiten mussten, um uns als Familie über Wasser zu halten und gleichzeitig großzügig gegenüber anderen sein zu können. Meinen Eltern war eine akademische Laufbahn nicht vergönnt gewesen, und so kämpften sie sich mit ihren Lehrberufen ins Leben.
Es geht nicht nur um „Spaß“
Oft genug saßen wir deshalb beieinander und beteten um Versorgung. Das hatte Auswirkung auf meine drei älteren Brüder und mich. Große Taschengeldzahlungen waren ebenso wenig möglich wie Kapitalzuschüsse für Autos, Fahrräder oder andere größere Anschaffungen. Gleichzeitig erlebten wir aber auch, dass unsere Gebete oft erhört wurden und zum richtigen Zeitpunkt neues Geld in unsere Familienkasse gespült wurde.
Zu Beginn meiner Karriere war ich entsprechend ambitioniert. Ich wollte vorankommen und Erfolge feiern. Mir war es nicht in erster Linie wichtig, was ich zu tun hatte – ich tat einfach, was mir vor die Füße fiel. Dieses Erfolgsrezept verhalf mir immer wieder entscheidend weiter und ist Ausdruck unseres Selbstverständnisses als Familie, hart zu arbeiten und nicht danach zu fragen, ob diese Arbeit erfüllend oder „spaßig“ ist.
Erhörte Gebete
Dabei erlebte ich echte Wunder. In den 20 Berufsjahren, die ich bisher ansammeln durfte, betete ich genau zweimal für eine Gehaltserhöhung – und ich bekam sie, ohne selbst aktiv zu werden, jeweils am selben Tag! Als Jugendlicher nahm ich an einer christlichen Konferenz teil, bei der ein christlicher Geschäftsmann auftrat, der Geschäftsführer einer größeren Firma war und von seinen Erfahrungen berichtete. Innerlich wünschte ich mir, ebenfalls einmal als Geschäftsführer arbeiten zu dürfen, was sich inzwischen bereits drei Mal in unterschiedlichen Konstellationen erfüllt hat – ohne dass ich mich jeweils für dieses Amt beworben hätte.
Gleichzeitig habe ich auch Niederlagen erlebt – vor allem bei meinen kirchlichen Projekten. Von klein auf lernte ich, Teil einer Kirche zu sein. Wir waren oft in der Kirche, und ich selbst war mit zunehmendem Alter in der Jugend- und Musikarbeit aktiv. Dabei konnte ich Verantwortung übernehmen und großartige Erfahrungen sammeln.
Mit meinem Einstieg in das Berufsleben änderte sich allerdings etwas Entscheidendes. Egal was ich in der Gemeinde anpackte, es führte nie wirklich zu großem Erfolg. Dabei probierte ich durchaus viele Projekte aus und engagierte mich überdurchschnittlich. Ich musste im Lauf der Zeit lernen, dass die Regeln von Business und Kirche unterschiedlich sind und es auf die Berufung Gottes ankommt.
Hart zu arbeiten, heißt eben im kirchlichen Kontext häufig etwas anderes als im beruflichen Kontext. Hierunter fällt auch die Gebetsarbeit. Diese zählt aber gerade nicht zu meinen Stärken. Als aktiver Mensch fällt es mir schwer, mir Zeit für Kontemplation und Gebet zu nehmen.
Geistliches im Alltag
Nach vielen gescheiterten Versuchen, eine regelmäßige „stille Zeit“ einzuführen, habe ich inzwischen akzeptiert, dass mein Weg offensichtlich ein anderer sein soll. Heute habe ich gelernt, mein aktives Leben mit geistlichen Elementen im Alltag zu integrieren. Hierzu gehört für mich zum Beispiel, dass ich in allen Dienstautos, die mir unter die Finger kommen, einen deutschlandweit aktiven christlichen Radiosender (ERF Plus) auf die erste Schnellwahltaste programmiere. Für mich gibt es nahezu keine Zeiten mehr, in denen ich weltliche Radiosender anhöre. Wenn ich im Auto bin, kann ich eben nicht weglaufen und mich mit irgendeinem Projekt beschäftigen. Entsprechend sind diese Zeiten für mich wertvoll, um geistlich aufzutanken und neue Impulse zu bekommen.
Das gleiche gilt für die Herrnhuter Losungen – Bibelverse für jeden Tag – und ein kleines Holzkreuz, die in meinem Büro auf dem Fensterbrett liegen. Sie sind für mich nicht zu übersehen und eine tägliche Erinnerung daran, für wen ich leben möchte.
Es gibt tausend alltägliche Situation, die sich mit unserem Glauben an Jesus verbinden lassen. Wenn wir aufmerksam sind, werden wir genügend Situationen finden, in denen wir ohne einen großen Zeitaufwand ein kurzes Gebet, einen geistlichen Impuls oder einen Bibelvers in unseren Alltag integrieren können.
In aller Welt Christen treffen
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich in Chicago mit einem gläubigen Taxifahrer ins Gespräch kam und überglücklich und ermutigt an meinem Hotel ausstieg, weil er mir versprochen hatte für mich zu beten. In Südostasien besuchte ich bei einer zehntägigen Dienstreise einen Sonntagsgottesdienst in einer traditionellen lokalen Kirche, was bis heute zu einem meiner beeindruckendsten geistlichen Erfahrungen zählt. Natürlich hätte ich an diesem Sonntag auch ein Museum besuchen oder einen anderweitigen Ausflug vorziehen können – meine Entscheidung wurde aber großartig belohnt.
Als ich vor einigen Jahren vor einem sehr herausfordernden Gespräch mit einem Geschäftspartner stand, bat ich einen befreundeten und gläubigen Kollegen um ein gemeinsames Gebet in meinem Büro. Die anschließende Verhandlung verlief erfolgreich, und wir konnten die Zusammenarbeit mit dem Geschäftspartner einvernehmlich fortsetzen.
Mir ist es über die Jahre immer wichtiger geworden, dass mein Glaube im Alltag für mich und andere relevant ist. Ein theoretisches Wissen anzuhäufen oder sture Geistlichkeit per Checkliste, das ergibt für mich dabei keinen Sinn.
Beim Arbeiten beten
Ich liebe Klöster und genieße es immer, wenn ich eines besichtigen kann. Aus der alten Klostertradition stammt das Motto „Ora et Labora“ – bete und arbeite. In der Praxis bedeutet das bis heute, dass vor und nach der Arbeit das Gebet steht – und das in der Regel ohne zu feiern. Für mich wäre das ein sehr anstrengendes Leben.
Deshalb würde ich für mich eine andere Formulierung wählen: Bete, während du arbeitest, und arbeite, während du betest. Und wenn diese Mischung zum Erfolg führt, weil Gott dich segnet, dann feiere das – mit deinem Herrn, mit dir selbst und mit anderen!
Überhaupt bin ich der Meinung, dass fröhliches Feiern ein Kernbestandteil eines christlichen Lebensstils sein sollte. Feiern fördert Gemeinschaft und Freundschaft. Feiern an sich ist etwas Grundpositives und zieht Menschen nach oben. Feiern ist geistlich und gehört zu den ersten Geboten der Bibel. So heißt es im 2. Mosebuch „So spricht der HERR, der Gott Israels: Lass mein Volk ziehen! Es soll mir zu Ehren ein Fest in der Wüste feiern!“. Einige der beeindruckendsten Berichte über das Leben von Jesus haben mit Festen zu tun.
Hilft Feiern der Kirche?
Ich frage mich deshalb: Warum ist uns Arbeit und Gebet so wichtig – Feiern aber relativ unterbelichtet. Kann es sein, dass wir hier ein großes Potenzial verschenken? Sollten wir als Christen vielleicht weniger beten und mehr feiern? Sollten wir unsere Kirchen öffnen und Menschen zum Feiern einladen – vielleicht würden sich unsere Kirchen schneller füllen, als wir uns das aktuell vorstellen können.
Ich habe jedenfalls für mein Leben erkannt, dass Feiern gleichberechtigt dazu gehört und genauso wichtig ist wie Arbeiten und Beten, wobei ich im Blick auf die Gleichberechtigung zwischen Arbeit und Gebet noch besser werden kann.
Zum Autor:
Frank Lehmann, Jahrgang 1981, ist Geschäftsführer bei der Ensinger Mineral-Heilquellen GmbH in Vaihingen/Enz bei Ludwigsburg. Der verheiratete Vater von zwei Söhnen hat zuvor unter anderem für die Landesbank Baden-Württemberg und den Energieversorger EnBW gearbeitet. Er hat verschiedene Ehrenämter bei der IHK und Verbandsgremien übernommen, engagiert sich in einer Freien evangelischen Gemeinde in der Kinderbetreuung und hält sporadisch Predigten und Vorträge.