Unternehmer und Topmanager positionieren sich öffentlich für eine tolerante Gesellschaft, einige auch gegen die AfD. Viele Statements finden sich im sozialen Netzwerk LinkedIn. Sollten sich Unternehmensvertreter in der aktuellen Diskussion über Rechtsextremismus und Populismus öffentlich politisch äußern? Und für welche Positionen sollten sie eintreten? Das sagen Repräsentanten christlicher Unternehmerverbände.

Friedhelm Wachs ist Verhandlungsexperte und Vorsitzender des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer in Deutschland (AEU). „Aus der Geschichte lernen wir – so schmerzhaft das ist: Es polarisiert, sich als Unternehmen politisch zu positionieren“, sagt Wachs. „In der Zeit um 1933 haben sich Unternehmen politisch positioniert, erst heimlich und dann immer öffentlicher. Das hat auch nach innen gespalten. Heute würde es dazu führen, dass auch AfD-nahe Unternehmen und Unternehmer sehr sichtbar würden, spätestens wenn es eine Regierungsbeteiligung der AfD gäbe. Im Osten unseres Landes gibt es unter nicht wenigen mittelständischen Unternehmern und Handwerkern durchaus eine große Affinität in diese Richtung.“

Haltung ins Unternehmen bringen

Sinnvoll sei es dagegen, wenn Unternehmen auf ihre wirtschaftlichen Interessen verwiesen, so der AEU-Vorsitzende. „Als Exportnation wollen wir exportieren, was eine Offenheit für andere Kulturen voraussetzt. Und diese Offenheit brauchen wir auch mit Blick auf die Integration ausländischer Fachkräfte. Offenheit bedeutet, Menschen willkommen zu heißen.“

Wachs plädiert dafür, dass Unternehmer und Führungskräfte ihre Haltung und ihr Menschenbild mit ins Unternehmen einbringen. „Über die letzten 30 Jahre haben wir eine Unternehmenskultur geprägt, in der die eigene Haltung im Unternehmen eher bedeckt gehalten wurde. Wenn wir ein offenes, ein menschliches Menschenbild haben, sollten wir das auch zeigen.“

Viele christliche Manager in Konzernen hätten das aus Rücksicht auf Mitarbeitende aus anderen Religionen und mit Verweis auf Compliance-Regeln lange nicht getan. Wachs weiter: „Wenn wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen, dann wird aber klar, dass muslimische, hinduistische oder buddhistische Kollegen dasselbe Menschsein für sich beanspruchen können, wie christliche Mitarbeitende. Das gilt es offensiv zu zeigen.“

EU der wichtigste Friedensgarant

Der Fachanwalt Martin Nebeling ist Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) – und positioniert sich selbst europapolitisch. „Die Idee der EU ist aktuell wie eh und je. Sie ist seit dem Zweiten Weltkrieg der wichtigste Friedensgarant. Deshalb ist es so wichtig, dass bei der kommenden Europawahl demokratische Kräfte die Oberhand behalten werden“, sagt Nebeling. An der Umsetzung hapere es manchmal. „Wenn in Brüssel bürokratische Gesetze verabschiedet werden, haben nationale Politiker dem zugestimmt. Statt ein pauschales EU-Bashing zu betreiben, sollten wir unsere deutschen Vertreter im EU-Parlament fragen, wie sie abgestimmt haben.“

Zur Migrationsdiskussion bezieht der BKUVorsitzende ebenso Stellung: „Das Grundrecht auf Asyl gehört auch nach christlichem Verständnis zu den grundlegenden Werten einer Gesellschaft. Aus gutem Grund haben wir deshalb ein umfassendes Asylrecht.“ Leider sei immer wieder von einem Missbrauch des Asylrechtes zu hören, was möglicherweise zu einem Erstarken der AfD beigetragen habe. Nebeling weiter: „Wo es einen solchen Missbrauch gibt, muss der Staat mit aller Konsequenz vorgehen.“ Trotz des Fachkrätemangels dauere es zu lange, bis die Gef lüchteten, die arbeiten wollen, auch arbeiten könnten. „Erwerbstätig zu sein und sich um seinen eigenen Unterhalt zu kümmern, ist auch eine Frage der Menschenwürde; da müssen wir etwas ändern“, so Nebeling.

Ewige Werte leben

Theologisch argumentiert Michael vom Ende, Geschäftsführer von faktor c, einer Initiative von Christen in der Wirtschaft: Aus christlicher Perspektive gelte es, die Welt Gottes und die Welt der Menschen unterschiedlich zu betrachten und in beiden zu leben. „In Gottes Welt geht es um ewige Werte und Jenseitigkeit, in der Welt der Menschen um Zeitliches und Diesseitigkeit.“ Schon Jesus Christus habe seine Zuhörer mit Blick auf Steuerfragen mit dem Satz “Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!” auf diese Unterschiedlichkeit hingewiesen.

Vom Ende weiter: „In der Praxis mischen sich Christinnen und Christen als Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihren Überzeugungen aus der Welt Gottes ein in die Welt der Menschen. Sie leben die ewigen Werte und bringen sie zu Gehör.“ Das gelte etwa für Fragen der Generationen-, Steuer- und Lohngerechtigkeit, der Migration und des Schutzes der Schwächsten, der Wahrheit und der Transparenz sowie der Freiheit, so vom Ende. „Für all das müssen sie die Überzeugungen aus der Welt Gottes kennen, verinnerlichen und in der Welt der Menschen anwenden lernen.“

 

Dieser Text (ohne Bilder) von Achim Halfmann / CSR NEWS ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.