Er ist gebürtiger Sudanese und Ex-Muslim: Yassir Eric hat mit Migration und fehlender Religionsfreiheit eigene Erfahrungen gemacht. In Deutschland liegen aus Sicht des promovierten evangelischen Theologen zu viele Tabus auf der Debatte um den politischen Islam. Das will er ändern, auch mit diesem Buch.
Vertraut sind dem Zeitungsleser und Nachrichtenhörer die vielen Integrationsprobleme insbesondere mit Muslimen – angefangen beim Schwimmunterricht für Mädchen über den hohen Anteil junger Muslime an Straftaten bis hin zu antisemitischen Attacken, die von einzelnen Nachfolgern Muhammads begangen werden. Fremd dürfte den meisten Lesern dieses Buchs dagegen sein, wie tief die Kultur einen Menschen prägt und warum deshalb gravierende Missverständnisse im Alltag unausweichlich sind. Hier zeigt Yassir Eric auf erhellende Weise, welche Stolpersteine im Dialog überwunden werden müssen.
Zum Hass auf Christen erzogen
Der Autor selbst stammt aus einer fundamentalistisch-muslimischen Familie im Sudan. Als Kind musste er zwei Jahre in eine Koranschule und lernte dort unter Peitschenhieben das wichtigste Buch für Muslime auswendig. Eric erzählt, dass er sich in seinem Fanatismus an einem Mordanschlag gegen einen christlichen Mitschüler beteiligt hatte. Doch später durchlebte er selbst eine Hinwendung zum christlichen Glauben, was zum Bruch mit seiner Familie führte und was ihn im Sudan ins Gefängnis brachte.
Insofern scheint der Autor ideal, um eine neue gesellschaftliche Diskussion anzuzetteln. Er hat eine Erziehung zum Hass erfahren, in Deutschland dann aber am eigenen Leib Diskriminierung erlebt. Probleme sind für ihn nicht nur akademischer Natur. So werde er aufgrund seiner dunklen Hautfarbe bis heute bei Zugfahrten oft als einziger im Abteil von der Polizei kontrolliert, berichtet er.
Eine Warnung an Deutschland
Eric warnt die deutsche Gesellschaft davor, sich zu überfordern. Ein Großteil der Migranten habe kein Asylrecht und müsste eigentlich abgeschoben werden, werde aber geduldet. Gleichzeitig empfiehlt der Autor gezielte Maßnahmen, um die Integration zu verbessern. Er regt einen „Deutschlandführerschein“ an, der Flüchtlinge schon vor Antritt ihrer Reise darauf vorbereitet, auf welche Kultur und Werte sie sich im Zielland einlassen müssen. Davon würde auch die Wirtschaft profitieren.
Marcus Mockler
Yassir Eric: Wir müssen reden, bevor es zu spät ist. Über radikalen Islam, Integration und unsere Ideale. 240 Seiten, 20 Euro. Verlag bene (München) 2023